Konzeption

Integrativer Waldorfkindergarten Goldberg e.V.

Stand: Januar 2023



Inhalt

  • Vorwort

  • Träger und Einrichtung

  • Lage und räumliche Ausstattung

  • Leitmotiv

  • Bild vom Kind und Waldorfpädagogik

    • Rhythmus als gestaltendes Lebenselement

    • Künstlerisches Element

    • Eurythmie

  • Bildungsverständnis

  • Die Rolle des Erziehers und Selbstverständnis

  • Bildung im Kindergarten

    • Transition

  • Bildungsbereiche im Kindergarten

    • Wahrnehmungskompetenz – Sinnespflege

    • Bewegungserziehung

    • Sprachkompetenz

    • Naturwissenschaftlich-mathematische Kompetenz

    • Medienkompetenz

    • Rhythmisch-musikalische Fähigkeiten

    • Gesundheitserziehung - Resilienz

    • Sozialkompetenz

    • Ethisch-moralische Werte

  • Die Besonderheiten inklusiver Förderung

    • Physiotherapie

    • Ergopädie

    • Logopädie

    • Heileurythmie/Eurythmietherapie

  • Eingewöhnungszeit

  • Betreuungsbesonderheiten bei Kindern unter 3 Jahren

    • Eingewöhnungszeit

    • Selbstwirksamkeit

    • Körperliche Pflege

  • Ein Tag in unserem Kindergarten

    • Beteiligung/Partizipation und Beschwerderecht der Kinder

  • Arbeit im Kollegium

    • Beteiligung/Partizipation der Mitarbeiter

  • Elternarbeit

    • Partizipation/Beschwerderecht der Eltern

  • Vernetzung und Kooperationen

  • Qualitätssicherung

 

Hiermit legen wir die Konzeption des Waldorfkindergarten Goldberg e.V. vor. Im Zusammenhang mit der KiBiz-Revision hat sich der Bildungsauftrag der Kindertageseinrichtungen deutlich erweitert. Veränderte Bedingungen schaffen die Notwendigkeit für die Überprüfung, Überarbeitung, Anpassung bestehender Erziehungs- und Bildungskonzepte. Die vorliegende Konzeption fußt auf kollegialer Zusammenarbeit, intensiven Fachkonferenzen und der Verarbeitung täglich erlebter Realitäten und Notwendigkeiten, insofern ist sie als eine vitale, in Bewegung befindliche Arbeit zu verstehen.
Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit. (§ 1 Abs. 1 SGB VIII; § 13 Abs. 2 Kibiz). Diesem Anspruch wollen wir mit unserer Konzeption Rechnung tragen.

 


Vorwort

Der Gründungsort für kindliche Bildung und Erziehung liegt in der Familie. Sie ist der nachhaltigste, am längsten und intensivsten wirkende, private Bildungszusammenhang für Kinder.
Mit Eintritt in den Kindergarten öffnet und erweitert sich dieser Erfahrungsraum, erleben viele Kinder häufig erstmals eine institutionelle Bildungs- und Erziehungseinrichtung.

Unsere Konzeption dient daher

  • Eltern als Leitfaden

  • Mitarbeiter/innen als verbindliche Vereinbarung für das tägliche, fachliche Handeln im Sinne einer Qualitätsüberpüfung und lebendigen Qualitätssicherung

Die vorliegende Konzeption versteht sich in Analogie zum Verständnis des menschlichen Lebens, insbesondere des kindlichen Entwicklungsweges als ein „Arbeitsprozess“, als eineflexible Basis.
Mittelpunkt dieses sich stetig entwickelnden Fundamentes sind die uns anvertrauten Kinder, deren Erziehung und Bildung von Eltern und Erziehern gleichermaßen getragen undverantwortet wird.

„Der Mensch lernt das Menschsein nur am Menschen.“ (Novalis)

So lebendig wie die Kinder, so lebendig wie der kindliche Entwicklungsweg, so lebendig muss auch eine gelebte Konzeption sein – erst dann kann sie wahrhaftig sein und den sich ständig verändernden Bedingungen von Kindheit und Kindsein heute anpassen. Hierzu gehören sich wandelnde Werte- und Bildungsvorstellungen, Veränderungen in Familienstrukturen und Arbeitswelt und sich kontinuierlich erweiternde Verständnisse von Inklusion, gesellschaftlicher Teilhabe und Gleichberechtigung sowie Bildungsfähigkeit und Erziehung.



Träger und Einrichtung

Seit mehr als 30 Jahren lebt und gedeiht der Waldorfkindergarten Goldberg e.V. Von Anfang an als integrativ arbeitende Einrichtung gedacht, gegründet und realisiert,befindet er sich auf dem gemeinsamen Gelände mit dem anthroposophischen Senioren- und Pflegeheim Heinrich-Zschokke-Haus e.V.

Hier lebt immer noch die Anfangsidee eines gemeinsamen Begegnungsraumes für Menschen am Anfang und am Ende ihres Lebensweges, eines Begegnungsortes, eines gemeinsam gestalteten seelisch-geistigen Raumes für große und kleine, alte und junge Menschen.

Heute besuchen unseren Kindergarten bis zu 51 Kinder.
Je bis zu 17 Kinder im Alter von 3 - 6 Jahren besuchen die Sternen- und Sonnengruppe. In der Mondgruppe werden 17 Kinder von 2 - 6 Jahren betreut.
Jeweils bis zu 5 Kinder mit besonderem Förderbedarf können in jede Gruppe aufgenommen werden, die - je nach Bedarf - auf Rezeptbasis therapeutische Förderung erhalten.
Die Kinder werden von insgesamt neun pädagogischen Mitarbeiterinnen betreut, begleitet und gefördert. Praktikanten im FSJ, Bundesfreiwilligendienst oder Berufsanerkennungsjahr ergänzen das Team. Bei Bedarf kann für einzelne Kinder ein Integrationshelfer beantragt werden, um ihnen eine größtmögliche Teilhabe am Tagesgeschehen zu ermöglichen.
Weiterhin beschäftigen wir eine Köchin, eine Spülhilfe sowie ein Reinigungsunternehmen für die tägliche Unterhaltsreinigung.

Rechtlicher und wirtschaftlicher Träger des integrativen Kindergartens ist der Verein Waldorfkindergarten Goldberg e.V.
Der als gemeinnnützig anerkannte Verein ist Mitglied im DPWV und in der Vereinigung der Waldorfkindergärten.
Jeweils ein Elternteil der Kinder, die die Einrichtung besuchen, ist mit Beginn des Betreuungsverhältnisses Mitglied im Verein und bei der Mitgliederversammlung mit einer Stimme pro betreutem Kind stimmberechtigt. Der in der Jahreshauptversammlung gewählte Vorstand bildet sich aus 3 Eltern.

Unser Kindergarten ist montags – freitags von 7 – 16 Uhr geöffnet.
Hauptschließungszeiten sind innerhalb der Schulsommerferien des Landes NRW und innerhalb der Weihnachtsferien. Insgesamt gibt es bis zu 30 Schließtage im Jahr.



Lage und räumliche Ausstattung

Unsere Einrichtung liegt am östlichen Rand von Düsseldorf im Stadtteil Gerresheim, in unmittelbarer Nähe zu einem ausgedehnten Waldgebiet.
Der Kindergarten befindet sich auf einem Gemeinschaftsgelände mit dem Heinrich-Zschokke-Haus und hat einen eigenen, abgeschlossenen, naturnah gestalteten großen Garten.
Das Gebäude ist eingeschossig und nahezu barrierefrei.
Alle Gruppenräume haben einen eigenen direkten Zugang zum Garten – an diese angegliedert befindet sich je ein Ruhe-/Schlaf-/Spielraum, ein Waschraum und ein Vorflur mit Garderobe.

Weitere Räume sind:

  • Eurythmie-/Mehrzwecksaal

  • Küche mit Vorratsraum

  • 3 Therapieräume

  • Haustechnikraum

  • Ausweichraum U3

  • Werkstatt

  • Mitarbeiter-/Besprechungsraum

  • Büro



Leitmotiv

„Der Mensch lernt das Menschsein nur am Menschen.“ (Novalis)

Unsere Grundhaltung jedem Kind gegenüber ist annehmend und wertschätzend – wir betrachten jede menschliche Begegnung als bedeutungsvoll und nicht zufällig und begreifen uns in tief menschlichem Sinne als Wegbegleiter für einen kurzen und intensiven Lebens- und Entwicklungszeitraum eines Kindes.
Unsere Arbeitshaltung dem Menschen im allgemeinen, dem uns anvertrauten Kind im besonderen gegenüber, ist die der offenen, ehrlichen, freien Frage, die auf gründlicher Aus-und Weiterbildung, Fachkompetenz und der Bereitschaft zu Reflexion, Introvision und Supervision fußt.

Arbeitsfragen in unserem Verständnis sind u.a.:

  • Bin ich nachahmenswertes Vorbild für Kinder (und Eltern)?

  • Was sind meine ethischen, sozialen und pädagogischen Grundwerte?

  • Gebe ich jedem Kind genügend Zeit und Raum, sich als Individualität darzuleben und zu entfalten?

  • Verwirklichen wir im Kindergarten eine gute Gemeinschaft, in der Teilhabe, Gleichberechtigung und Offenheit Grundlage sind?

  • Wie vermitteln wir allen Kindern lebenspraktische Kompetenzen, wie schaffen wir für sie Raum für Bildung und Forschung im kindlichen Sinne?

  • Schaffen wir ausreichend Raum für die individuellen Entwicklungs- und Lernbedürfnisse jedes Kindes?

  • Sind unsere Raum- und Materialangebote den Neigungen, Interessen, Möglichkeiten und dem Entdeckerdrang der Kinder angepasst?

  • Wie kommunizieren wir mit den Kindern; sprechen und hören wir sorgfältig und empathisch zu?

  • Wie kooperieren und vernetzen wir uns mit Eltern und anderen Fachleuten zum Wohle der Kinder?

Damit diese Arbeitsfragen zu tragenden Elementen der Arbeit werden können, bilden sich unsere pädagogischen Mitarbeiterinnen in den Grundfragen der Waldorfpädagogik weiter; einige Kolleginnen haben die Ausbildung oder Zusatzausbildung zur Waldorferzieherin absolviert.
Über einen Zeitraum von ca. 5 Jahren hat sich das gesamte Team freiwillig einer kollegialen Beratung/ Coaching unterzogen, in der wesentliche Gesichtspunkte zu Konflikt- und Kommunikationsfähigkeit, Bewältigung von Krisen innerhalb des Teams, Umgang mit mögl. Konflikten/ Beschwerden seitens der Eltern, eigener Persönlichkeitsentwicklung erarbeitet werden konnten.



Bild vom Kind und Waldorfpädagogik

Leitprinzip in den ersten sieben Jahren des Kindes ist die Nachahmung.
Jedes Kind ist eins mit der Welt, lebt sich mehr und mehr in sich und in die Welt mit allen Sinnen hinein. So wird die Außenwelt zur Innenwelt des Kindes, so wie die Innenwelt desKindes in Spiel, Sprache, Bewegung zur Außenwelt wird.
Wesentliche Grundfähigkeiten, die das Kind vor Eintritt in den Kindergarten erwirbt, sind Gehen, Sprechen und Denken, die ohne das menschliche Vorbild nicht denkbar sind.

Das Kind kann dann wirklich in die Nachahmung eintauchen, wenn die Handlungen undTätigkeiten der Erwachsenen sinnlich erlebbar sind und in einem in sich stimmigen Zusammenhang stehen.

So liegt die pädagogische Hauptarbeit im Schaffen einer sicheren, geborgenen, Vertrauenerweckenden räumlichen und seelisch-emotionalen Situation, in der Raum und Zeit für dasKind entstehen, sich zu entwickeln, sich zu bilden, sich in allen Kompetenzen auszudifferen-zieren.

Hierzu gehört die Anregung der gesamten Sinneswelt des Kindes, damit es sich, seine Mitmenschen und seine Umwelt begreifen lernen kann.
Wesentlich sind hierzu ein verlässlicher, Vertrauen und Sicherheit bildender Tages-, Wochen- und Monatsablauf, der sich in der Wahl der Geschichten, Lieder, Reigen, Fingerspiele, in derGestaltung der Räume und in der Feier der christlichen Feste widerspiegelt. Diese bilden denBoden für eine freie, vertrauensvolle Entwicklung der kindlichen Persönlichkeit.

  • Rhythmus als gestaltendes Element des Lebens

Rhythmus ist die Lebensgrundlage des Menschen und der Natur. Er zeigt sich z.B. in Herz-und Atemtätigkeit, Spannung und Entspannung, Ruhe und Aktivität, Wachen und Schlafen,Tag und Nacht, Wochen-, Monats- und Jahreslauf.
Die rhythmische Gestaltung des Lebens bietet dem Kind Halt und Orientierung, Sicherheit und Geborgenheit sowie die Basis für Selbstständigkeit und wachsende Autonomie. Unsere gesellschaftliche Gegenwart ist aber vor allem geprägt von unrhythmischen, übereilten Aktivitäten in Gleichzeitigkeit – daher ist aus unserem Verständnis heraus für jedes Kind das Erleben eines rhythmisch gestalteten Alltags heilsam.

  • Künstlerisches Element

    Kinder wollen und sollen mit allen Sinnen begreifen und wahrnehmen.
    Hierzu trägt im elementarsten Sinne die Raumgestaltung bei.
    Das Arbeiten und Werken mit Holz, Pflanzenfarben, ungesponnener und gesponnener Wolle, das Plastizieren u.v.m. regen die Feinmotorik, die Phantasie und die seelischen Ausdruckskräfte an.
    Die Auswahl der Materialien orientiert sich an der sinnlichen Erfahrbarkeit. Das Spielmaterialist einfach und daher vielfältig einsetzbar; die unterschiedlichen Oberflächeneigenschaften fördern die Sinnes- und Wahrnehmungskompetenz und regen die Phantasiekräfte an.
    Musikalisches Erleben, gemeinsames Singen, Fingerspiele, Improvisieren mit selbstgeschaffenen Klangkörpern und Instrumenten schulen die Sinne und die Kooperation, das Tun in der Gemeinschaft.

    Die Fähigkeit zur Beobachtung wird geschärft, das Überwinden von Hindernissen und Schwierigkeiten, die Auseinandersetzung mit Widerständen schulen die individuelle Konzentrationsfähigkeit, Motivation und Neugierde.
    Auch hier zählt der Prozess, weniger das Ergebnis – es zählt die Bereitschaft, sich schaffend mit Materialien und Aufgaben zu verbinden und selbst gesetzte Ziele zu verwirklichen – eine wesentliche Grundlage für die Befähigung zu lebenslangem Lernen.

  • Eurythmie

ist eine anthroposophische Bewegungskunst, die wir einmal wöchentlich unter Anleitung einer pädagogischen Eurythmistin, die auch Heileurythmistin ist, in kleineren Gruppen mit allen Kindern gemeinsam pflegen.
In der Eurythmie wird – in Abgrenzung zum Spielturnen oder Psychomotorik – nicht nur die äußere, sondern vor allem die seelische Bewegung in Gesten und Gebärden umgesetzt.



Bildungsverständnis

In Analogie zu Ergebnissen aus der frühkindlichen Hirnforschung, Kindheits- und Kleinkindpädagogik sind wir herausgefordert, stabile Grundlagen für ein lebenslanges Lernen zu ermöglichen.
Hierzu befinden sich alle daran Beteiligten in einem unablässigen, eigenen Lernprozess, der auf Reflexion und Weiterbildung fußt.
Wir schaffen für die uns anvertrauten Kinder Bedingungen, die es ihnen ermöglichen, Basiskompetenzen nach den Prinzipien der Waldorfpädagogik zu erwerben sowie menschliche und soziale Grundwerte zu erleben und ggf. zu übernehmen.
Basiskompetenzen sind in diesem Sinne grundlegende Fähigkeiten und Sozialfertigkeiten, die das Kind befähigen, sich mit der Welt und den Menschen in Beziehung zu setzen, zu kommunizieren, zu interagieren und gestaltend tätig zu werden.
Dieser Kompetenzerwerb ist ein multidimensionaler, aktiver Prozess des Kindes. Er ist kein Prozess des Wissenserwerbs. Er steht in unmittelbarem Zusammenhang mit sozialer Inklusion, Teilhabe am Geschehen aller, mit den individuellen Lebens- und Entwicklungsbedingungen jedes einzelnen Kindes und mit den Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten der Kinder.



Die Rolle des Erziehers

ist im waldorfpädagogischen Sinne die des Gestalters von Entwicklungsräumen, des Impulsgebers und Anregers, mit dessen empathischer und vorausschauender Hilfe die Selbstgestaltungskräfte des Kindes interessiert, angeregt und gefördert werden.

Wesentlicher Bestandteil unserer pädagogischen Arbeit ist die fachlich fundierte, empathische, teilnehmende Beobachtung und Begleitung der Kinder. Mit diesen Instrumenten sind wir in der Lage, individuelle Entwicklungsbedürfnisse, physisch-seelisch-geistige Lebenssituationen, Stärken, Ressourcen und Intentionen differenziert zu verstehen, zu verobjektivieren und in Entwicklungs- und Bildungsdokumentationen abzubilden. Schwerpunkte der pädagogischen Arbeit jeder pädagogischen Fachkraft in unserem Kindergarten sind

  • pädagogisches Verstehen und Handeln auf Grundlage des anthroposophischen Menschenbildes und der Waldorfpädagogik

  • das Schaffen von jahreszeitlich und thematisch orientierten Lern- und Bildungsinhalten im Alltag und spezifischen pädagogischen Einzel- und Kleingruppenangeboten

  • vielfältige Spielangebote, die der Möglichkeit zu freier Selbständigkeit, eigener Gestaltung und Ausführung Raum geben

  • gemeinsame künstlerisch-musikalische Angebote, die einerseits der Sinnesanregungdienen und im weiteren der Erziehung und Befähigung zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten

  • sprachpflegerische und kommunikative Angebote zur sozialen und sprachlichen Inklusionund Teilhabe sowie zur Förderung der kindlichen Lust an Sprache, Sprech-Freude und sprachlicher Ausdruckskraft

  • die Förderung der sprachlichen und kommunikativen Möglichkeiten im Hinblick auf die Sprache als die wesentliche Befähigung zu Individuation und sozialer Teilhabe.



Bildung im Kindergarten

„Wir haben dem Kinde zu geben, was es zum Lernen braucht, nicht aber dürfen wir es unter Zwang setzen, um es nach unserem eigenen Bilde zu formen, sondern wir müssen ihm eine Freiheit in der Entwicklung lassen und sie achten.“ (R. Steiner, Elemente der Erziehungskunst)

Die moderne Gesellschaft erwartet von ihren Mitgliedern vor allem Durchhaltevermögen und Leistungswillen, Kreativität und Verantwortungsbewusstsein, Selbstvertrauen und Beziehungsfähigkeit, Toleranz und aktive Teilhabe.
Diese Fähigkeiten werden in den ersten Lebensjahren des Kindes angelegt und können sich nur dann entwickeln, wenn jedes Kind ausreichend Zeit und Möglichkeit bekommt, in sich anzukommen, zu reifen und sich - seinem Wesen und seinem Tempo gemäß - in der Welt zu betätigen.

„Um das Fundament für lebenslange Lern- und Leistungsfähigkeit zu sichern, legt die Waldorfpädagogik großen Wert darauf, daß das schulische Lernen erst dann beginnt, wenn das Kind sich auf eine ausreichend entwickelte Organisation stützen kann, die als verlässliches, belastbares Instrument zur Verfügung steht. Sie geht davon aus, dass diejenigen Kräfte, die im Kleinkindalter als organbildende und gestaltende Kräfte in der leiblich-körperlichen Organisation wirksam sind, ungefähr ab dem 7. Jahr in verwandelter Form zur Verfügung stehen, nämlich als gedankliche und gedächtnismäßige Kräfte, mit denen das Schulkind sich Begriffe und innere Vorstellungen bilden kann. Jede vorzeitige Inanspruchnahme dieser Kräfte für intellektuelle Tätigkeiten zieht sie von der Ausgestaltung der körperlich-leiblichen Organisation ab und kann daher eine langfristige Schwächung der Konstitution bewirken. Dass sollte vermieden werden.“ (W. Saßmannshausen)

Das Kind ist von Natur aus Forscher und ist in ständiger Bewegung. Wir wollen daher jedem Kind die Möglichkeit bieten, diesen Forschungs- und Bewegungsdrang zu verwirklichen. Im freien Spiel gestalten Kinder mithilfe der Phantasie die Welt, ihr Bild von der Welt. Sie beobachten präzise, leben ganz im Augenblick, es wird nicht in wichtig-unwichtig unterschieden, alles ist wesentlich und kann einbezogen werden. In den kindlichen Forschungsbereich gehören vor allem die Elemente Feuer, Wasser, Luft, Erde, die Natur mit Tieren, Pflanzen und Menschen. Die Erfahrungen, die Kinder im freien Umgang mit Natur und ihren Gesetzmäßigkeiten machen, werden so Grundlage für die innere Verständnisfähigkeit und die erwarteten kognitiven Fähigkeiten in der Schule.


  • Transition

Aus den vorhergehenden Beschreibungen folgt also unmittelbar, dass Bildungs- und Lernprozesse im Kindergarten ganzheitliche, komplexe Vorgänge sind, die nicht nach differenzierten, spezifizierten Lerninhalten („Fächern“) unterschieden werden sollten.

Gemäß dem Verständnis von Transition als zeitlich begrenzte Lebensabschnitte, in denen signifikante Veränderungen stattfinden und damit den Übergang von einem Entwicklungs- und Lernabschnitt in den darauf folgenden markieren, sind neue Lebensabschnitte erfolgreich zu absolvieren, wenn die vorausgegangene Entwicklung positiv verlaufen ist.

Dies gilt nach unserer Erfahrung insbesondere für den Übergang vom Kindergarten- ins Schulalter, für die Transformation des kindlichen Spiels in Lernfähigkeit.
Das Kind darf zunächst die nachfolgend beschriebenen Basiskompetenzen erwerben und ausgestalten, was allerdings im Kindergartenalltag nie getrennt geschieht, sondern immer im Zusammenhang mit der ganzen kindlichen Betätigung.

Bildungsbereiche im Kindergarten

  • Wahrnehmungskompetenz – Sinnespflege

    Mit der Geburt des Kindes ist der physische Leib des Kindes geboren. Dieser bildet gleichsam das Haus, in dem Geist und Seele mehr und mehr „einziehen“, um sich entwickeln und differenzieren zu können. Das Kind lebt und lernt in den ersten sieben Jahren mit allen Sinnen. Dabei hat es noch nicht die Fähigkeit auszuwählen oder wegzulassen – es nimmt alles, was aus der Welt kommt, in sich auf. Hier liegt also unsere besondere Verantwortung in allen Angeboten, die wir den Kindern machen.
    Die Pflege der Sinnestätigkeit ist von elementarer Bedeutung für die später zu entwickelnden kognitiven und sozialen Fähigkeiten.

  • Bewegungserziehung

    Durch die Bewegung erschließt sich das Kind seine eigene Körperlichkeit und die Welt und bildet die Grundlage für Sprechen und Denken. Jede motorische oder sensorische Aktivität bildet und differenziert neurologische Strukturen, die Grundlage für spätere Lernbefähigungsind.
    Wir achten durch vielfältige Angebote im Kindergartenbereich und in unserem naturnahen Garten mit reichem Bewegungsangebot auf ein hohes Maß an motorischer Eroberungstätigkeit.
    Gezielte Bewegungsangebote im Morgenkreis, Bewegungsspiele und spezielle Angebote in Kleingruppen finden regelmäßig statt.

  • Sprachkompetenz

    Grundsätzlich fördern wir sprachliche und damit auch gesellschaftliche Inklusion und geben der kontinuierlichen Förderung der Sprachentwicklung jedes Kindes einen hohen Stellenwert in der pädagogischen Arbeit. Hierzu gehören die alltagsintegrierte Sprachbildung, Umgang mit Mehrsprachigkeit und Ermöglichung von sprachlicher Inklusion in vielfältigen Angeboten zur Sprachförderung.
    Sprache ist zum einen Möglichkeit zur Kommunikation, zur sozialen Teilhabe – zum anderen aber auch unverwechselbarer, individueller Ausdruck der Persönlichkeit. Mit ihr können wir uns wesenhaft ausdrücken und uns sozial, interaktiv betätigen, indem wir Gefühle und Inhalte unserer Mitmenschen aufnehmen, ernst nehmen und verstehen.

    So liegt ein wesentlicher Sprachpflege- und Sprachförderschwerpunkt unserer Arbeit in der Befähigung zum Dialog, in der Verwirklichung von zwischenmenschlicher Kommunikation in allen Bereichen des Kindergartenlebens: im Morgenkreis, bei den Mahlzeiten, beim An- und Ausziehen, bei der Sauberkeitserziehung, im Spiel: alles wird mit Sprache begleitet.
    Wir unterstützen gesellschaftliche und sprachliche Inklusion in unserer Kindertageseinrichtung (§45Abs. 2 S.Nr. 2SGBVIII) – alltagsintegrierte Sprachbegleitung verstehen wir als wesentlichen Teil unseres Bildungsauftrags. Die Sprachentwicklung wird dokumentiert.

  • Naturwissenschaftlich-mathematische Kompetenz

    Im freien Spiel, im noch unbewußten Umgang mit Kräften, Gesetzmäßigkeiten, Strukturen und Ordnungen erleben und erfahren Kinder mathematische, naturwissenschaftliche Gesetzmäßigkeiten, ohne diese isoliert zu betrachten. So z.B. in den Zusammenhängen: ein Stuhl ist frei = ein Kind fehlt / die Sonne scheint = alles wird warm / die Finger zweier Hände = 10.
    Im Ertasten, Erfahren, Befühlen von ursprünglichen, „echten“ Materialien – im Riechen, Schmecken, Fühlen, Sehen erschließen sie sich die Eigenschaften der Welt.
    Beim Tischdecken, beim Zuordnen von Platzdeckchen, Geschirr und Besteck wird mathematisches Wissen im Sinne von Zahlen, Ordnungen und Verhältnismäßigkeiten erlernt.

    Es entstehen Beobachtungen und Fragen zu Ursache und Wirkung, zum „Warum“, zu Zusammenhängen, zum Verständnis von Richtig und Falsch. Diese allerdings aus den Spiel-und Beobachtungszusammenhängen heraus und bilden somit eine wesentliche Grundlage zum Erwerb des eigenen Urteils, der Bewertungsfähigkeit und damit auch im späteren Umgang mit diversen Medien.

  • Medienkompetenz

    Das Kind erobert sich in den ersten Lebensjahren selbst und die es umgebende Welt.
    Wir legen daher Wert auf größtmögliche Echtheit der vielfältigen Erfahrungen, auf das Erfahren der realen Welt mit all ihren Aspekten und die Differenzierung der (wie vorher beschriebenen) eigenen Bebachtungs- und Bewertungsfähigkeiten.
    Wenn das Kind die Welt sinnlich be-griffen hat, kann es später kognitiv abstrahieren und verstehen. So bildet sich die Grundlage für den späteren, schulischen Umgang mit virtuellen Welten in PC, Mobiltelefonen, sozialen Netzwerken etc.

  • Rhythmisch-musikalische Fähigkeiten

    werden durch vielfältige Sing-, Musizierangebote, Reigen, Bewegungsspiele angeregt. Sie vertiefen sich in unterschiedlichen Hör-Erlebnissen und in der eigenen musikalischen Produktion, sowohl im Freispiel als auch bei alltagsintegriert geführten Angeboten in Kleingruppen.

  • Gesundheitserziehung - Resilienz

    Die Kinder erhalten bei uns gesunde, abwechslungsreiche, vollwertige vegetarische und kindgerechte Mahlzeiten.
    Bei der täglichen Zubereitung des Frühstücks für alle erleben die Kinder unmittelbar, wie gesunde Ernährung aussieht.
    Das Mittagessen wird von unserer Köchin täglich frisch gekocht – hierfür verarbeitet sie ausschließlich biologische Lebensmittel von hoher geschmacklicher Qualität. Die Kinder werden je nach Möglichkeiten an den Zubereitungsprozessen (z.B. Kartoffelnschälen in den Gruppen, Mahlen von Mehl mit der Handgetreidemühle) beteiligt und dürfen Wünsche und Vorlieben äußern.
    Körperliche Pflege und Hygiene und achtsamer Umgang mit dem Essen sind hierbei selbstverständlich. Das gemeinsame Essen wird als ein angenehmes und lustvolles Erlebnis in Gemeinschaft erlebt und gepflegt.
    Wir legen großen Wert auf Bewegung an der frischen Luft bei jedem Wetter.
    Bewegungs- und Aktivitätsphasen wechseln harmonisch mit ruhigen Beschäftigungen und Ruhezeiten im Tageslauf ab. Das Kind erlebt so die Wertschätzung und Beachtung seiner Bedürfnisse, lernt diese zu äußern und Wege der Lösung zu finden.
    Dies erachten wir als bedeutungsvolle Grundlage der Gesundheitserziehung und der Veranlagung eines sorgsamen Umgangs mit sich selbst.

  • Sozialkompetenz

    Im sozialen Miteinander erleben und erlernen die Kinder die Balance zwischen den eigenen Bedürfnissen und Wünschen und den Interessen und Notwendigkeiten der Gemeinschaft.

    Der alltägliche Ablauf bietet eine große Vielfalt am Erwerb von Regeln und Rücksichten, am Erlernen von Geben, Nehmen und Teilen.
    Die Wirksamkeit von Verabredungen, Versprechen und Verbindlichkeiten erübt sich innerhalb der gewohnten Abläufe und in den Gestaltungsfreiräumen jedes einzelnen Kindes. Es lernt, die eigenen Belange und Befindlichkeiten ins Verhältnis mit denen der anderen Kinder zu setzen. Hier ergeben sich bedeutungsvolle Lernfelder für Konflikte und deren Lösungen, für Kompromissfähigkeit und Toleranz, für Selbstbehauptung und Durchsetzungsfähigkeit. Aber auch das Entwickeln von „Wiedergutmachungen“, die Befähigung zur Empathie sind ein wesentliches Lernfeld in der sozialen Kompetenz.
    Mit dem Ernstnehmen der kindlichen Wünsche, Bedürfnisse und Nöte seitens der Pädagoginnen erfährt das Kind elementare Wertschätzung seiner Persönlichkeit. Auch der Wert seiner Ideen, Anregungen und Vorschläge erfährt Anerkennung und ist ein wesentlicher Bestandteil der gelebten Partizipation im Kindergarten.

  • Ethisch-moralische Werte

    erlebt das Kind vor allem nachahmend und aufnehmend in der Haltung der Erzieherinnen, in deren achtsamem Umgang mit allem, was uns umgibt. Die Werte der Erwachsenen, ihre Ideen und ihr daraus resultierendes Handeln in Tat und Wort bilden die Grundlage für eine wertschätzende Grundhaltung.
    Hier können Respekt, Achtung, Verantwortungsgefühl im Kind entstehen.
    Unsere integrativ/ inklusive Arbeit, die vor allem im täglichen Umgang miteinander, im respektvollen und lebenspraktischen Berücksichtigen aller individuellen Bedürfnisse erkennbar wird, hat somit an der ethisch-moralischen Erziehung einen großen Anteil.

Die Besonderheiten inklusiver Förderung

Entsprechend dem waldorfpädagogischen Menschenbild und Verständnis menschlicher Entwicklung sehen wir jedes Kind als unverwechselbare, einzigartige Individualität an, die mit ihren Möglichkeiten und Unmöglichkeiten im individuellen Sinnen immer „richtig“, und im sozialen Sinne immer „wertvoll“ ist.
Mit unserer langjährigen Erfahrung auf dem Feld der integrativen/ inklusiven Erziehung und Bildung von Kindern unter 6 Jahren bieten wir allen Kindern Hilfen und Unterstützung zur Weiterentwicklung an.
Unsere Arbeitshaltung resultiert aus der fundamentalen Überzeugung, dass echte Integration und Inklusion nur gelebt werden kann, d.h. im entsprechend gestalteten Zusammenleben entsteht. Dieses gestalten wir durch die Verwirklichung von Begegnung, Beziehung, Wertschätzung der Individualität, Verbindlichkeit und Verlässlichkeit, Rhythmus und Wiederholung. Diese Säulen unserer waldorfpädagogisch-inklusiven Arbeit bewirken, dass unsere Kinder inkludiert sind und nicht integriert werden müssen.
In diesem Sinne ist Waldorfpädagogik aus sich selbst heraus Heil-Pädagogik.

Kompetenz- und Persönlichkeitsentfaltung unter Berücksichtigung individueller Ressourcen und Bedürfnisse haben einen hohen Stellenwert und bieten die Voraussetzung für soziale Integration, für die Verwirklichung des Grundrechts auf Inklusion, für Akzeptanz und Teilhabe.
Inklusive Arbeit fußt bei uns auf dem täglichen Miteinander in allen Lebensbereichen innerhalb der Kindergartengruppen. Sie findet in Einzelförderung mit spezialisierten Therapeuten und Pädagogen statt.
Unser Kindergarten ist aufgrund seiner Erdgeschosslage barrierefrei und Kindern sowie Erwachsenen mit den unterschiedlichsten Bewegungsbedürfnissen bestens zugänglich.

 
  • Physiotherapie

Als Therapiegrundlage wird ein individueller, ganzheitlich umfassender Befund in Kooperation von Therapeutin, Erzieherinnen und Eltern erhoben, der fortlaufend während der Behandlungsdauer mit der Entwicklung des Kindes überprüft wird. So werden Abweichungen und Funktionsstörungen des motorischen Entwicklungsstandes, der Lokomotion und Bewegungsübergänge, der Aktivitäten des täglichen Lebens, der Sensorik, des Bewegungsapparates, der Kraft, Koordination und des Gleichgewichts sowie der Grob-und Feinmotorik individuell erhoben.
Hier stehen nicht die Defizite im Vordergrund der Befunderhebung und Förderplanung, sondern die Ressourcen und Stärken, individuellen Besonderheiten und Bedürfnisse, Fähigkeiten und Entwicklungsvoraussetzungen des Kindes.
Das Kind wird in seiner Besonderheit als gesamte Persönlichkeit wahrgenommen und dort abgeholt, wo es in seiner Entwicklung steht. Mit einer angepassten Therapie begleitet die Therapeutin das Kind – zur Entfaltung größtmöglicher Selbständigkeit und Bewegung, Handlungsfähigkeit und Sozialkompetenz. So wird unterstützend die körperliche und seelisch-geistige Entwicklung gefördert.

  • Ergotherapie

Ergotherapie bei Kindern hilft motorische Probleme, Konzentrationsstörungen oder Verhaltensauffälligkeiten durch eine ausführliche Diagnostik zu klären und gezielte Unterstützung anzubieten. Ziel ist es, die Kinder in der Durchführung bedeutungsvoller Tätigkeiten in den Bereichen Selbstversorgung, Produktivität und Freizeit zu stärken.

  • Logopädie

Die logopädische Therapie befasst sich mit Sprach-, Sprech- und Redeflußstörungen. Zu Beginn der Therapie werden die Bereiche Sprachverständnis, Wortschatz, Artikulation, Grammatik, Redefluss – eingebunden in die Gesamtentwicklung des Kindes – betrachtet, befundet und getestet. Hieraus ergibt sich für jedes Kind ein individueller Therapie- und Förderplan für die Sprachkompetenz.

  • Heileurythmie/Eurythmietherapie

ist eine Bewegungstherapie im Rahmen der anthroposophischen Medizin und nimmt in den Blick, auf welche Weise die individuelle Persönlichkeit des Kindes, im Laufe ihrer Entwicklung, Wahrnehmung und Bewegung aufeinander abstimmen und eigene Impulse zum Ausdruck bringen kann.
Harmonisiert werden demnach Unausgewogenheiten in diesem Bereich, wie sie beispielsweise Kinder zeigen, deren Sinnestätigkeit oder auch Bewegungsdrang über ein gesundes Maß hinaus gehen oder die diese nur mit Mühe erlangen. Ihre heilende Wirkung entfaltet die Heileurythmie, in dem sie die Möglichkeit hat, direkt in die vitalen Wachstumskräfte des kleinen Kindes einzugreifen. So ist sie indiziert bei körperlichen und seelischen Entwicklungsbesonderheiten, sowie allen Formen von Entwicklungsverzögerungen oder -behinderungen.

Eingewöhnungszeit

Unter intensiver Einbindung des Elternhauses kann mithilfe einer individuell gestalteten Eingewöhnungszeit die Betreuung außerhalb des Elternhauses gelingen.
Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Eltern und Erziehern ist die Basis für eine gute Eingewöhnung. Vor Aufnahme des Kindes lernen die Eltern uns und unsere Arbeit in Aufnahmegesprächen und bei Hospitationen in der Gruppe kennen.
Die Eingewöhnungszeit wird von einer festen Bezugsperson in enger Zusammenarbeit mit den Eltern gestaltet. Diesen kommt eine wesentliche Bedeutung hinsichtlich der Einschätzung der Möglichkeiten ihres Kindes sowie der Gestaltung der Ablösung zu.

Betreuungsbesonderheiten bei Kindern unter 3 Jahren

In unserer Einrichtung werden in einer von insgesamt 3 Gruppen Kinder von 2 – 6 Jahren betreut (T1-Gruppe). Davon können bis zu 5 Kinder besonderen Förderbedarf haben (Inklusion).

  • Eingewöhnungszeit

Besonders in der pädagogischen Arbeit mit Kindern unter drei Jahren ist der Beziehungs- und Bindungsgestaltung ein hoher Stellenwert beizumessen.
Daher ist die sorgfältig geplante Einbeziehung der Eltern auch im Gruppenzusammenhang unerlässlich, damit in kleinen aufbauenden Schritten eine behutsame, vertrauensbildende Eingewöhnung gelingen kann.
Jeweils eine der Erzieher*innen übernimmt während der Ablösungsphase die engmaschige Begleitung in diesem Prozess.

  • Selbstwirksamkeit

entwickeln, fördern und unterstützen wir dadurch, dass das Kind in einer geborgenen, sinnvoll gestalteten und überschaubaren Umgebung lebt, die es nicht überfordert, die aber seine Neugier, seine Interessen wecken will.
Immer wieder kehrende Handlungen und Verrichtungen fordern das Kind zu Nachahmung heraus, bieten die Möglichkeit, sich zu erproben und innerhalb eines sicheren Bezugsrahmens Möglichkeiten und Unmöglichkeiten auszuloten.
In den Antworten, in den Reaktionen der Erzieher auf seine Aktivitäten erlebt das Kind unmittelbar die Wirkung seiner selbst und erweitert aus sich selbst heraus seine erworbenen Kompetenzen. Letztlich gelten diese Aspekte für alle Kinder jeden Alters.

  • Körperliche Pflege

ist ein wesentlicher Bestandteil der Beziehungsarbeit zwischen Erziehern und Kindern. Durch das unmittelbare, sinnliche Erleben von Berührungsqualitäten, Achtsamkeit und Rücksichtnahme nimmt das Kind nonverbal Wertschätzung und Respekt vor seiner Persönlichkeit auf. Diese wiederum schaffen Vertrauen und Sicherheit und ermöglichen dem Kind die Entfaltung seiner Selbstwirksamkeit auf dem Boden der körperlichen Sicherheit und Pflege.
Da zwischen Qualität der Pflege und Bewegungsentwicklung ein bedeutsamer Wirkungszusammenhang besteht, schenken wir diesem große Aufmerksamkeit.

Ein Tag in unserem Kindergarten

Unser Kindergarten öffnet um 7 Uhr.
Bis 8.30 Uhr sollen alle Kinder in ihren Gruppen angekommen sein und wir beginnen den Kindergartentag mit dem Morgenkreis.
Anschließend nehmen wir gemeinsam das in den Gruppen frisch zubereitete Frühstück ein.

Danach beginnt die Freispielzeit. Hier können die Kinder ihren eigenen Impulsen und ihrer Phantasie folgen. Sie bauen z.B. Häuser und Hütten aus Tüchern, Tischen und Stühlen, sie spielen im Puppenhaus oder Kaufladen, sie tauchen in Rollenspiele ein oder beteiligen sich an den Arbeiten der Erwachsenen. Diese entstehen hauptsächlich aus den Notwendigkeiten des alltäglichen Lebens.
Entscheidend bei der Auswahl dieser Tätigkeiten für die Erzieher ist, dass sie für die Kinder nachvollziehbar sind und zum freiwilligen Mit-Tun einladen.
Gegen 10.30 Uhr beenden wir Arbeit und Spiel und räumen gemeinsam auf.
Danach gehen wir in den Wald oder Garten. In unserem Garten begegnen sich die Kinder aller Gruppen, können sich „verabreden“ und sich mit frei gewählten Spielpartnern aus den anderen Gruppen treffen. Wir gehen alle, bei jedem Wetter, nach draußen.
Zusätzlich werden vormittags Aquarellmalen, Euryhmie, handwerkliche Arbeiten (z.B. für Vorschulkinder) und das Erzählen von Märchen und Geschichten zur Sprachpflegeangeboten.

Um 12.00 Uhr essen wir zu Mittag.
Nach dem Mittagessen ist für alle Kinder eine gemeinsame Mittagsruhe in einem dafür vorbereiteten Ruheraum eingerichtet. Nach dieser Ruhezeit beschäftigen sich die Kinder entsprechend ihren Bedürfnissen und Wünschen.
Die Kinder können zwischen 15 und 16 Uhr abgeholt werden.

  • Beteiligung / Partizipation der Kinder

In unserer täglichen Arbeit messen wir der Beteiligung von Kindern, entsprechend ihrer Möglichkeiten und Fähigkeit im jeweiligen Lebensalter, eine große Bedeutung zu.
Innerhalb des Gruppenalltags entstehen selbstverständlich vielfältige Möglichkeiten, die Kinder an den Aufgaben des Alltags und deren Durchführung zu beteiligen und sie dadurch im Erleben ihrer eigenen Bedeutung und Wirksamkeit zu bestätigen und zu stärken.
In der mittelbaren und unmittelbaren Zusammenarbeit mit den Erziehern beim Decken des Tisches, beim Bereitstellen der Gummistiefel, beim Zählen der anwesenden Kinder uvm. entsteht die Möglichkeit, sich frei zur Mithilfe zu entscheiden oder durch die Aufforderung durch die Erzieherin deren Wertschätzung und Beachtung zu erleben.
Hier kann Gleichberechtigung und Parität sinnlich erlebt werden, vor allem wenn die übernommenen Aufgaben den kindlichen Fähigkeiten und Möglichkeiten angepasst werden und Scheitern und Neuanfang als kreative Prozesse vermittelt werden.
Innerhalb des sozialen Miteinanders ist es uns wichtig, dass die Kinder erleben, dass ihre Beschwerden, ihre mögliche Unzufriedenheit, das evtl. Gefühl von Benachteiligung ernst genommen werden und mit dem Kind gemeinsam Auswege und/oder Lösungen gefunden werden. Innerhalb unseres dialogisch-kommunikativen Konzepts erfahren die Kinder individuelle Aufmerksamkeit und den Raum, ihre Situation selbst in die Hand zu nehmen.

Arbeit im Kollegium

Einmal wöchentlich treffen sich die pädagogischen Mitarbeiter unseres Kindergartens, in Absprache mit der pädagogischen Leitung, zur Gruppenkonferenz. Hier werden pädagogische Ziele formuliert, Förder- und Bildungspläne erstellt und die Wochenplanung gemacht.
Diese Konferenzzeit wird auch genutzt, um spezifische Prozesse in der Interaktion zwischen Erziehern und Kindern zu reflektieren, Elterngespräche und Elternabende vorzubereiten.
Genaue Absprachen für die inhaltliche und strukturelle Zusammenarbeit werden getroffen, sowie konkrete Handlungsschritte und Supervisionsansätze in der praktischen Begegnung mit Kindern diskutiert. Der Umgang mit besonderen Lebensumständen oder Veränderungen familiärer Art, unterschiedliche Bedürfnisse hinsichtlich der kindlichen Entwicklung (Trotzphase, Fragealter, Vorschulalter) und Konfliktsituationen werden beraten.

Pädagogische und heilpädagogische Arbeitsgrundlage ist die sog. „Kinderkonferenz“, die auf der Grundlage des anthroposophischen Menschenbildes die Gesamtheit des Kindes erfasst. Hier werden durch die pädagogischen Mitarbeiter Entwicklungsschritte in all ihren Facetten erarbeitet und dokumentiert und ggf. notwendige Kooperationen und Vernetzung mit externen Fachleuten konzipiert und organisiert (z.B. Kinderarzt, Frühförderstelle etc.).

Einmal wöchentlich findet auch die Gesamtkonferenz für das pädagogische Kollegium statt, in der organisatorische Fragen erörtert und entschieden werden, in der die pädagogische Leitung über Veränderungen/ Neuerungen informiert und in der grundlegende pädagogische Fragestellungen im Sinne der Qualitätssicherung gründlich bearbeitet werden.

Interne Studientage des Kollegiums mit Fachthemen sowie Weiterbildungs-/ Fortbildungsseminare ergänzen und vertiefen die pädagogische Arbeit.

  • Beteiligung/Partizipation der Mitarbeiter

Alle Konferenzen, Arbeits- und Studientage sowie interne Fortbildung folgen dem Grundsatz der Demokratie und der paritätischen Zusammenarbeit.
Insofern wir die Erarbeitung pädagogischer Fragestellungen und des pädagogischen Konzeptes als lebendigen Prozess verstehen, der sich an den verändernden Bedingungen und Umständen orientiert, verstehen wir jede Kollegin des Teams als unverwechselbare, wesentliche Mitgestalterin unserer Arbeitsprozesse im Kindergarten.
Absprachen, die alle betreffen, werden gemeinschaftlich oder in wechselnder Vertretung getroffen – wesentliche Entscheidungen folgen dem Konsensprinzip.
Die Grundhaltung der Frage, die uns in unserer Arbeit mit den Kindern leitet, ist auch wesentliches Gestaltungselement unserer Beziehungs- und Gesprächskultur im Arbeitszusammenhang.
Die Beteiligung jeder Kollegin ist dringend gewünscht und gewollt, schließt Konflikte ein, indem diese aufgegriffen und thematisiert werden. Am Ende versuchen wir Lösungen entstehen zu lassen, die von allen mitgetragen werden können.
Innerhalb des Kollegiums gibt es eindeutig vereinbarte Zuständigkeitsbereiche, die wandelbar und diskutabel sind. Auch gibt es klare Entscheidungs- und Verfahrenswege im Beschwerdefall.

Elternarbeit

Im Aufnahmeverfahren wird den Eltern unser pädagogisches Konzept vorgestellt und unser integrativ/ inklusiver Arbeitsansatz erläutert.
Es wird vereinbart, dass jederzeit Gesprächstermine mit den Mitarbeitern und der Leitung vereinbart werden können, so dass die Häufigkeit der Elterngespräche sich am Bedarf der Eltern und der Entwicklungsthematik des Kindes orientiert.
Nach Aufnahme des Kindes wird innerhalb des ersten Jahres ein Reflexionsgespräch mit den Eltern geführt.
Wir sehen es als unsere Aufgabe an, den Eltern und Erziehungsberechtigten offen und wertschätzend zu begegnen. Eine gelungene Erziehungspartnerschaft fördert die Entwicklungsmöglichkeiten der Kinder unmittelbar.

„Tür- und Angelgespräche“ finden spontan während der Bring- und Abholzeit je nach Bedarf und Notwendigkeit statt. Erwähnenswerte aktuelle Geschehnisse oder Erlebnisse aus dem Kindergartenalltag oder häusliche Begebenheiten können hier Thema sein.

Elterngespräche sind wesentlicher Bestandteil unseres partizipativen Konzepts und finden wie oben beschrieben statt.

Elternbriefe/-mails informieren über organisatorische Notwendigkeiten, Termine oder rechtlich relevante Themen.

Elternabende finden entweder gruppenintern oder gruppenübergreifend statt. Hier informieren wir über gruppeninterne Abläufe, gestalten pädagogische Themen oder richten die Möglichkeit zu Fragen und zu allgemeinem Austausch ein.

Damit die Kinder unsere Einrichtung als Gemeinschaft und praktizierte Teilhabe und Partizipation erleben, ist die Einbindung und Mitverantwortung der Eltern für den Kindergarten in den Elternarbeitskreisen unverzichtbar. Die Arbeit in Haus und Garten, die Gestaltung der Jahresfeste durch die Erwachsenen hat für die Kinder wesentlichen Vorbildcharakter, der in diesen Aktivitäten Selbstvertrauen, Lebenssicherheit, Eingebundenheit, Teilhabe und soziale Verantwortung vermittelt. Das Einbringen und Miterleben der verschiedenen Fähigkeiten der Eltern stärkt das Zutrauen der Kinder zu sich selbst und erweitert die Selbstwirksamkeit auf das Familiensystem.

  • Partizipation und Beschwerderecht der Eltern

Durch die oben beschriebenen Formen der Zusammenarbeit mit Eltern sichern und stärken wir das Recht auf Beteiligung für die Eltern/Erziehungsberechtigen der Kinder.
In der Geschäftsordnung des Trägervereins ist ein definierter Weg im Falle von Beschwerde-/ Krisenmanagement definiert, der Eltern über die Gremien des Elternrats und des Rates der Einrichtung die Wahrnehmung ihrer Bedürfnisse und Interessen sichert.

Vernetzung und Kooperationen

Kooperationen mit externen Fachpartnern existieren zum Beispiel z.Zt. mit Kinderärzten, dem Kinderneurologischem Zentrum, SPZ des EVK und der Sana-Klinik, Frühförderung der Lebenshilfe in Düsseldorf, Frühförderung der Förderschule Schwerpunkt Sehen, logopädischen und ergotherapeutischen Praxen, Familienhilfe und Hilfe zur Erziehung des Jugendamtes Düsseldorf, i-Punkt des JA Düsseldorf, Graf-Recke-Stiftung (Integrationshilfe). Die möglichen Ansprechpartner werden der Bedarfslage angepaßt.
Wir vermitteln bei Bedarf Kontaktaufnahme zu Erziehungsberatungsstellen und Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten.

Auf dem Gebiet der Waldorfpädagogik nehmen wir an den Regional- und Teilregionaltreffen der Waldorfkindergärten in NRW teil, wir besuchen die Gesamtkonferenz der Waldorfkindergärten NRW und nehmen fachspezifische Fortbildungsangebote wahr.

Wir sind Mitglied des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, der unsere Einrichtung in fachlichen und juristischen Fragen berät – die Leiterin nimmt an den entsprechenden Leitungs-Arbeitskreisen des Paritätischen teil.

Qualitätssicherung

Das vorliegende Konzept des Waldorfkindergarten Goldberg e.V. und seine Realisierung wird alle 2 Jahre überprüft und ggf. weiterentwickelt. Hierzu gehören vor allem auch die zugehörigen Konzepte zur alltagsintegrierten Sprachförderung und des Kinderschutzes in unserer Einrichtung.

Zur Erhaltung des Qualitätsanspruchs und seiner Sicherung gehören in unserer Einrichtung

  • Protokolle der Gruppenkonferenzen

  • Protokolle der Gesamtteamkonferenzen

  • Protokolle der Vorstandssitzungen unter fachlicher Beratung der Leitung

  • Teilnahme an Leitungs- und Regionalkonferenzen und Arbeitskreisen

  • Tätigkeitsbericht der Leitung in der Jahreshauptversammlung des Trägervereins

  • regelmäßige Mitarbeitergespräche

  • regelmäßige, protokollierte Elterngespräche

  • Elternbefragung und transparentes Beschwerdemanagement

  • Teilnahme an internen und/oder externen Fortbildungsangeboten

  • Teilnahme der Leiterin an einer Leitungsfortbildung des Paritätischen ab Dez. 2015 bis Juni 2016

Kinderschutzkonzept

Der Schutz der Kinder liegt uns besonders am Herzen. Deshalb haben wir ein umfangreiches Kinderschutzkonzept ausgearbeitet, welches Sie hier herunterladen können: